Dr. Richard Reschika Mircea Eliade interkulturell gelesen, Interkulturelle Bibliothek Band 47, Verlag Traugott Bautz, Nordhausen 2006. Für den rumänischen Religionsphilosophen Mircea Eliade (1907-1986), der zugleich durch seine phantastischen Erzählungen und Romane literarischen Weltruhm erlangte, stellt die Entdeckung des nichteuropäischen Menschen und seiner geistigen Welt das wichtigste Phänomen des 20. Jahrhunderts dar. Namentlich die wissenschaftliche Erforschung exotischer (Natur-)Religionen ermöglicht dem Abendland eine geistige Horizonterweiterung ohnegleichen – und damit eine beträchtliche Relativierung und dringend notwendige Korrektur der eigenen eurozentrischen Denkweisen und -modelle. In diesem Sinne umfassen Eliades wissenschaftliche Untersuchungen zur Religionsgeschichte sowohl zeitlich als auch räumlich weit auseinander liegende Kulturen und Völker: von den vermeintlich „primitiven“ magischen Welten der Steinzeit über die sakralen Vorstellungen der antiken Hochkulturen und der monotheistischen Offenbarungsreligionen (Judentum, Christentum und Islam) bis hin zu den kryptoreligiösen Phänomenen säkularer Industriegesellschaften, von Indien über Australien bis nach Nord- und Südamerika. Dabei kreist Eliades Auffassung vom Wesen des Heiligen, Mythischen und Religiösen um wiederkehrende Themen und Begriffe wie jene von der Dialektik des Sakralen und Profanen und der Remythisierung des (post)modernen Menschen. Besonderes Augenmerk verdienen hierbei Eliades Arbeiten zu den Weisheitslehren und spirituellen Praktiken Indiens – zu Hinduismus und Buddhismus sowie zu Schamanismus, Tantrismus und Yoga: eine Pionierleistung Eliades im interkulturellen und interreligiösen Dialog zwischen West und Ost, die nicht nur von fächerübergreifender Gelehrsamkeit und philologischer Akribie, sondern vor allem durch ein „empathiebefrachtetes Verstehen“ geprägt ist. d.h. durch die psychologische Bereitschaft und Gabe, sich in die Einstellungen anderer, fremder Menschen einzufühlen. |