Porträt
„Ein sanfter Abenteurer. Porträt
des in Freiburg lebenden Sachbuchautors und Übersetzers Richard Reschika“
(Badische Zeitung, Freiburg, den 29. Dezember 2008):
BZ-Porträt des in Freiburg lebenden
Sachbuchautors und Übersetzers Richard Reschika
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Richard Reschika, Freiburger Autor Foto: BZ
Wer würde es leugnen? Zärtlichkeit ist eine existenzielle
Erfahrung. Nach einer "Philosophie der Zärtlichkeit" sucht man indes vergebens
in den Werken der großen Denker. Weil das Thema eher in den
Zuständigkeitsbereich der Theologie fällt, wie der Freiburger Autor Richard
Reschika meint? Wer würde sich Jesus von Nazareth nicht als zärtlichen Mann
vorstellen? Jene Stelle in der Bergpredigt, Matthäus 5,5, die gemeinhin mit
"selig die Sanftmütigen, denn sie erben das Land …" übersetzt wird, könnte mit
gleicher Berechtigung auch "selig die Zärtlichen …" lauten. Und der Gott des
Alten Testaments – ist er bei aller Strenge nicht auch "vollkommen zärtlich"?
Reschika führt hierfür zahlreiche Bibelstellen an.
Die Kirche tat sich mit dem Begriff gleichwohl schwer. Bis ins 20. Jahrhundert
war er seitens der Theologen beinahe ein Tabu. Der Schweizer Theologe Kurt Marti
hat es als einer der Ersten gebrochen: "Zärtlichkeit ist gleichermaßen
Sinnlichkeit, die intelligent macht". Richard Reschika zitiert Marti in seiner
"Theologie der Zärtlichkeit", die Anfang Januar im Vier-Türme-Verlag
Münsterschwarzach erscheint, jener Benediktinerabtei bei Würzburg, deren
wirtschaftlicher Leiter Anselm Grün ist. Seine Bücher erreichen Rekordauflagen.
Von solch einem Erfolg kann Reschika nur träumen. Seit zwei Jahrzehnten ist der
rumänienstämmige Literaturwissenschaftler (Jahrgang 1962) als freier Lektor,
Übersetzer und Autor von sechs Büchern und zahlreichen Rundfunk essays in
Freiburg tätig – mit einem erstaunlichen Tagespensum: Zwischen zehn und 22 Uhr
sitzt er zumeist am Schreibtisch, gegen 13 Uhr macht er seinen obligaten Gang
durch die Wiehre: eine durchaus existenzialistische Erscheinung mit schwarzem
Mantel, Vollbart und schulterlangem Haar. Wenn auch die Einkünfte eines
Sachbuchautors mit seiner Arbeitsleistung nur selten Schritt halten, weiß sich
Reschika in seinem Studio über den Dächern der Altstadt, umgeben von Hunderten
Büchern ganz am rechten Platz: "Ich tue exakt das, was ich schon immer tun
wollte und es macht mir weiterhin Freude!"
Wer das von sich behaupten
kann, darf sich Lebenskünstler nennen. Stets waren es die Querdenker der
Geistesgeschichte, von denen Reschika sich angezogen fühlte, spätestens seit er
als Kustos des Nietzsche-Hauses in Sils Maria lebte und seine Doktorarbeit über
die Spätlyrik Paul Celans schrieb. In seinem Buch "Philosophische Abenteuer"
enthüllt er das Subversive im Denken eines La Metrie, Aldous Huxley, Eduard von
Hartmann und Emil M. Cioran. Über Letzteren, den messerscharfen Aphoristiker des
Existenzialismus, hat Reschika zwei Monografien geschrieben. Noch intensiver
beschäftigt ihn das Riesenwerk des Religionsphilosophen Mircea Eliade, ein
weiterer bewunderter Landsmann, von dem er zahlreiche Romane und Sachbücher
übersetzt hat. In der Mystik, Eliades wichtigstem Forschungsfeld, liegt auch
Reschikas Schwerpunkt. Der Titel seines bei Herder erschienenen Buches "Praxis
christlicher Mystik" ist durchaus wörtlich zu nehmen. Neben einer profunden
Einführung bietet der Autor meditative Übungen aus einer überraschend reichen
christlichen Tradition. In seinem zuletzt erschienenen Buch "Wie viele Engel
können auf einer Nadelspitze tanzen?" führt er den Leser quasi über die
Hintertreppe eines prall gefüllten Kuriositätenkabinetts zu den Inhalten der
Weltreligionen.
2009 möchte sich der sanfte Querdenker mit gebotenem Ernst einem Kapitel widmen,
das schon Umberto Ecos Erfolgsroman "Der Name der Rose" grundiert: Das Lachen in
den Weltreligionen. Von den Themen seiner Bücher auf den Charakter des Autors zu
schließen, ist gewagt. Hier erscheint es angebracht: Zärtlichkeit, Humor,
Interesse am spirituellen Kern der Religionen und Lust am intellektuellen
Abenteuer, – dies charakterisiert auch den Menschen Richard Reschika.
Stefan Tolksdorf